Bei elektrischen Mittelspannungsschaltanlagen handelt es sich um eine zentrale Ansammlung von Leistungsschaltern, Sicherungen und Schaltern (Schutzschaltungen), die dem Schutz, der Steuerung und der Isolierung elektrischer Geräte dienen. Derartige Schutzschaltungen sind in Metallkonstruktionen eingebaut. Eine Ansammlung einer oder mehrerer dieser Konstruktionen wird als Stromhauptverteilung bezeichnet.
Mittelspannungsschaltanlagen sind in den Übertragungs- und Verteilungssystemen von Energieversorgern sowie in mittelgroßen bis großen gewerblichen oder industriellen Anlagen zu finden.
Das IEEE definiert die Normen für elektrische Mittelspannungsschaltanlagen in Nordamerika, während die IEC dies für Europa und andere Weltregionen tut.
Metallgeschottete Mittelspannungsschaltanlagen sind durch den IEEE-Standard C37.20.2 für den Bau von Mittelspannungsschaltanlagen definiert. Dieser sieht vor, dass alle elektrischen Komponenten—einschließlich des ankommenden Busses, des abgehenden Busses, der Instrumentierung und des Hauptschalters—in separaten Metallgehäusen untergebracht sind, um ein zusätzliches Maß an Sicherheit, Robustheit und Wartungsfreundlichkeit zu gewährleisten. Die Bemessungsspannungen für metallgeschottete Schaltanlagen reichen von 5 kV bis 38 kV. Metallgeschottete Mittelspannungsschaltanlagen verfügen zwecks einfacher Wartung über ausfahrbare Leistungsschalter und werden häufig in Industrieanlagen sowie in der Stromerzeugung und -übertragung eingesetzt.
Metallgekapselte Mittelspannungsschaltanlagen sind durch den IEEE-Standard C37.20.3 definiert. Metallgekapselte Mittelspannungsschaltanlagen beherbergen verschiedene Arten von Schutzschaltungen, einschließlich Schutzschaltgeräte, Netz- und Schmelzsicherungen sowie Steuer- und Messgeräten. Diese Vorrichtungen können in gemeinsamen Gehäusen montiert werden und benötigen keine separaten Trennwände oder Abschottungen, wie sie in metallgeschotteten Mittelspannungsschaltanlagen erforderlich sind. Metallgekapselte Mittelspannungsschaltanlagen werden in gewerblichen und industriellen Anlagen eingesetzt, bei denen der elektrische Eingangsstrom größer als 480/600 V ist.
Sockelmontierte Mittelspannungsschaltanlagen sind durch den IEEE-Standard C37.74 definiert. Sockelmontierte Mittelspannungsschaltanlagen werden in unterirdischen Verteilungssystemen eingesetzt.
Konventionelle elektrische Mittelspannungsschaltanlagen werden nach den IEEE- (Nordamerika) oder IEC- (Europa und andere Weltregionen) Normen gebaut und gewährleisten unter normalen Betriebsbedingungen ein relativ hohes Maß an Sicherheit für Geräte und Wartungspersonal. Herkömmliche Mittelspannungsschaltanlagen sind jedoch nicht darauf ausgelegt, der enormen Energie standzuhalten, die bei einem elektrischen Störfall freigesetzt wird.
Als „lichtbogenfest“ zertifizierte Mittelspannungsschaltanlagen nehmen die Störlichbogenenergie sicher auf und leiten sie vom Bedienpersonal weg. Dies wird typischerweise dadurch erreicht, dass die Störlichtbogenenergie durch ein Plenum in einen Bereich geleitet wird, in dem sie ohne Gefahr für Personen oder Geräte freigesetzt werden kann.
Die Prüfnormen für lichtbogenfeste Mittelspannungsschaltanlagen sind in ANSI/IEEE C37.20.7 definiert.
Diese Norm definiert zwei verschiedene Zugangsebenen für Schaltgerätekombinationen.
Zusätzlich wird ein Suffix angefügt, um die Lichtbogenleistung der einzelnen Gehäusefächer sowie zwischen den vertikalen Abschnitten der Schaltanlage zu definieren.
Als Isolationsmittel wird das Umgebungsmedium bezeichnet, in dem der Stromfluss unterbrochen und der entstehende Lichtbogen gelöscht wird. Unterschiedliche Isolationsmittel haben unterschiedliche Eigenschaften bezüglich ihrer Durchschlagsfestigkeit und Kühleffekte. Mittelspannungsschaltanlagen sind wahlweise mit Luft, Gas oder Flüssigkeit erhältlich. Es sind verschiedene Arten von Flüssigkeiten verfügbar, um den Anforderungen der jeweiligen Anwendung gerecht zu werden.
Luft ist das günstigste und daher auch am häufigsten verwendete Isolationsmittel. Luft hat jedoch auch die niedrigste Durchschlagsfestigkeit und erfordert daher größere und robustere Geräte, um den Auswirkungen eines elektrischen Lichtbogens standzuhalten.
Im Vergleich zu Luft bietet die Gasisolierung eine deutlich verbesserte Durchschlagsfestigkeit. Schwefelhexafluorid (SF6) ist das am häufigsten in Schaltschränken verwendete Isoliergas. Hierbei sind die elektrischen Kontakte in einem Tank mit SF6-Druckgas abgedichtet. Durch die Konstruktion mit abgedichtetem Tank entfällt auch die Wartung des Schützes.
Im Vergleich zu Luft bietet Flüssigkeit verbesserte Durchschlagsfestigkeit und Kühleffekte. Obwohl oft von „Öl“ oder „Ölfüllung“ die Rede ist, werden in Wirklichkeit verschiedene Flüssigkeiten zur elektrischen Isolierung von Schaltanlagen, Transformatoren und anderen Geräten verwendet. Wichtig ist hierbei, dass die ausgewählte Flüssigkeit auch feuerfest und umweltfreundlich ist. Eaton bietet Mittelspannungsschaltanlagen mit den Flüssigkeiten E200, Envirotemp™ und FR3™ sowie Mineralöl an.
SF₆ besitzt bestimmte elektrische Eigenschaften, durch die es sich als Isolations- und Schaltmedium in Schaltanlagen zur Stromverteilung eignet. Zugleich ist es aber auch das potenteste der sieben wichtigen Treibhausgase. Da es nicht natürlich absorbiert oder abgebaut wird, kann SF₆-Gas bis zu 3200 Jahre lang in der Atmosphäre aktiv bleiben.
Emissionen von SF₆-Gas aus Mittelspannungsschaltanlagen tragen daher massgeblich zur Bedrohung durch den Treibhauseffekt und den damit verbundenen Klimawandel bei.
Weitere Informationen zu SF₆-Gas und seinen Auswirkungen auf die Umwelt.
Lesen Sie die Definition und Funktion von Mittelspannungsschaltanlagen sowie weitere Begriffe in unseren Grundlagen nach.