Maschinen und Schaltanlagen müssen für den nordamerikanischen Markt spezielle Standards erfüllen, damit sie dort die behördliche Betriebserlaubnis erhalten. Durch eine Zertifizierung der Produkte bzw. Anlagen wird nachgewiesen, dass die Anforderungen der Standards eingehalten werden. Die relevanten Standards werden unter anderem von den Underwriters Laboratories (UL) in den USA und der CSA Group (Canadian Standards Association) in Kanada festgeschrieben.
Bei den Standards ist zwischen Produktstandards, die sich hauptsächlich an die Komponenten-Hersteller wenden (z. B. UL 489/CSA C22.2 No. 5-09, UL 508/CSA C22.2 No. 14-05, UL 1077/CSA C22.2 No. 235-04 (R2009), usw.) und Errichtungsstandards zu unterscheiden (UL 508A, NFPA 79), die sich hauptsächlich an die Verarbeiter und Errichter, wie Maschinen- oder Schaltanlagenbauer, richten.
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Die Vorgehensweise bei der Projektierung, dem Bau und bei der Inbetriebnahme der elektrischen Ausrüstung von Maschinen für den Export nach Nordamerika unterscheidet sich teils deutlich von der Vorgehensweise in Ländern, die nach IEC-Richtlinien arbeiten. Der wichtigste Unterschied:
Nach UL oder CSA zertifizierte Geräte können nicht immer für die gleichen Anwendungen eingesetzt werden, wie es nach IEC möglich ist. Sie müssen zusätzlich durch örtliche Inspektoren, den Authority Having Jurisdictions (AHJ) in den jeweiligen Anwendungen abgenommen werden (Approval).
So gelten – grob - folgende Unterschiede zur IEC:
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Die US-Behörde für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz – die Occupational Safety and Health Administration (OSHA) – fordert, dass Geräte, Maschinen und Anlagen durch örtliche Inspektoren, den Authority Having Jurisdictions (AHJ) abgenommen werden müssen. Die AHJ wiederum vertrauen der Expertise von anerkannten Nationally Recognized Test Laboratories (NRTL) welche Produkte zertifizieren. Als Nachweis dieser Certification dienen Prüfzeichen, die auf dem Produkt oder auf der Anlage angebracht werden.
Es gibt verschiedene Wege, ein NRTL-Label für eine Anlage oder Maschine zu erhalten:
Listing
Für Schaltanlagen und Maschinen, die in größerer Stückzahl und über einen längeren Zeitraum produziert und nach Nordamerika geliefert werden sollen, empfiehlt sich das sogenannte „Listing“. Bei dieser Typ-Zertifizierung wird die Einhaltung der relevanten Standards und Codes evaluiert, die erforderlichen Tests durchgeführt und die Fertigung im Rahmen von Follow-up-Inspektionen gemäß den Vorgaben der OSHA regelmäßig überwacht. Anschließend erhält der Hersteller die Genehmigung, seine Produkte selbst und direkt in der Fertigung mit einem NRTL-Label zu versehen.
Limited Product Certification
Wenn die Anlage nur innerhalb eines begrenzten Zeitraums von maximal drei Monaten hergestellt werden soll und es sich daher nicht lohnt, ein Listing mit jährlichen Gebühren und regelmäßigen Werksinspektionen durchzuführen, bietet die „Limited Product Certification“ eine Alternative, um das NRTL-Label zu erhalten. Auch hierbei erfolgt die Bewertung beim Hersteller - unter Anwendung genau derselben Codes und Standards, die auch für ein Listing herangezogen werden. Nach Ablauf der drei Monate kann jederzeit ein weiterer Besuch des NRTL beantragt werden, um eine weitere Charge derselben zuvor geprüften Anlagen zu beurteilen.
Approbation für die eigene Werkstatt
Als weitere Approbationsmethode besteht die Möglichkeit, die eigene Werkstatt für die Elektromontage durch ein NRTL approbieren zu lassen. Dann kann der Hersteller die elektrische Ausrüstung selbst mit einem NRTL-Label versehen. Die approbierte Werkstatt unterliegt dabei einer kostenpflichtigen halb- oder vierteljährlichen Auditierung durch das NRTL, bei dem es sich von der Einhaltung der eigenen Vorgaben sowie der relevanten Codes und Standards überzeugt.
Field Evaluation
Die nächste Möglichkeit, ein NRTL-Label zu erhalten, besteht darin erst in Nordamerika am Aufstellungsort eine Field Evaluation durch ein NRTL durchzuführen. Sie sollte möglichst vor der Abnahme durch den AHJ erfolgen. Dieser Weg ist besonders interessant für europäische Hersteller, die Großgeräte oder kundenspezifische Industrie- und Maschinenbauausrüstungen nach Nordamerika exportieren.
Grundsätzlich besitzen die USA und Kanada jeweils ein eigenständiges Normen- und Vorschriften-System. Die beiden Organisationen UL und CSA haben aber ein Memory of Understanding unterzeichnet, gemäß dem sie Prüfungen, Inspektionen und Zertifikate gegenseitig anerkennen. So sind an „gewöhnlichen Standorten“ (OrdLoc) – das sind alle Einsatzumgebungen außer Ex-Bereiche – UL- und CSA-Zertifizierungen austauschbar. Für den Export von Maschinen und Anlagen nach Nordamerika kann frei gewählt werden, ob Maschinen, Schaltanlagen oder Steuerschränke nach UL oder CSA zertifiziert werden.
Allerdings gibt es in Kanada ein separates Programm zur Inspektion von Maschinen und Anlagen, die so genannte Canadian Special Inspection (SI). Die SI kann im Werk des Herstellers oder an einem anderen festgelegten Ort durchgeführt werden. Während das US-Programm die entsprechende Endproduktnorm verwendet, wird im kanadischen SI-Programm auf eine bestimmte Norm zurückgegriffen: CSA SPE-1000, auch Model Code genannt. Der Model Code befasst sich nicht mit der Typprüfung, sondern erlaubt eine Bewertung der Geräte, indem er minimale Anforderungen an Konstruktion, Kennzeichnung und Prüfung stellt. Bei den SI-Inspektoren muss es sich daher um anerkannte Produktprüfer handeln, die mit den kanadischen Anforderungen vertraut sind und unter der Kontrolle einer kanadischen Behörde stehen.
Der Aufwand für eine „Nordamerika-Maschine“ ist fast immer höher als für eine „IEC-Maschine“. Beachtet man aber die richtigen Codes und Standards, hat man gute Chancen, eine elektrische Maschinenausrüstung zu projektieren und zu bauen, die von den nordamerikanischen AHJ’s akzeptiert wird. Tipps zur Vermeidung typischer Fehler bei der elektrischen Ausrüstung von Maschinen für den Export nach Nordamerika gibt das gleichnamige Whitepaper von Eaton.
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